Die Himmelsscheibe von Nebra gehört zusammen mit weiteren Objekten zu einem frühbronzezeitlichen Hortfund, den Raubgräber 1999 illegal dem Boden entrissen. Die Rekonstruktion der Fundsituation und des Befundes basiert somit zum einen auf den Aussagen der Raubgräber und gemeinsamen Begehungen des Fundortes mit dem Erstfinder Henry W. Zum anderen wurden umfangreiche archäologische Nachuntersuchungen an der Fundstelle durchgeführt.
Die Himmelsscheibe war aufrechtstehend zusammen mit sieben weiteren Objekten in einer kleinen Grube deponiert worden. Laut Berichten wurde sie nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche gefunden, was durch die Gesamttiefe des Raubgräberlochs von etwa 60 cm bestätigt wird. Wieviel Erde seit der Bronzezeit durch Wind und Wetter abgetragen wurde, kann man leider nicht genau sagen, von einer gewissen Erosion ist aber auszugehen. Der felsige Untergrund verhinderte wohl ein tieferes Eingraben. Trotz der geringen Grubentiefe stellte man die Himmelsscheibe aufrecht – was wohl wichtig war.
Die Scheibe war gegen einen Stein gelehnt, der zur natürlichen Geländegeologie des Fundortes gehört. Das Raubgrabungsloch war größer als der ursprüngliche Befund. Die bronzezeitliche Grube wurde durch die Raubgrabung komplett zerstört. Bei den Nachgrabungen dokumentierten Archäologen somit das wiederverfüllte Raubgräberloch, das noch Scherben einer Wasserflasche enthielt, welche die Raubgräber vor Ort entsorgt hatten. Auch Hackspuren des Grabungsgerätes konnten dokumentiert werden.
Die Grube war zum Zeitpunkt der Nachgrabung noch nicht lange verfüllt. Die dunkle, humose Erde enthielt noch viele organische Einschlüsse, wie kleine Zweige oder Blätter, die vom Waldboden aus der unmittelbaren Umgebung in die Grube gelangten. Sie wären bei einer längeren Lagerung im Boden nicht mehr erhalten geblieben.
Aus der Verfüllung der Grube wurden mehrere Bodenproben entnommen. Chemische Analysen ergaben signifikant erhöhte Konzentrationen von Kupfer und Gold, die auf eine längere Lagerung von Metallobjekten zurückzuführen sind.
Eine besonders hohe Konzentration dieser beiden Spurenelemente war unterhalb des Raubgräberlochs gemessen worden. Da es sich um eine natürlich gewachsene Schicht handelt, belegen die hohen Kupfer- und Goldkonzentrationen, dass darüber Metallobjekte über einen längeren Zeitraum im Boden gelegen haben. Dadurch gelangten Kupfer- und Goldausfällungen in den anstehenden Boden.
Kriminologen verglichen die Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe mit Bodenproben vom Mittelberg. Die Untersuchung ergab, dass beide Proben zueinander passen. Somit war nachgewiesen, dass die Himmelsscheibe tatsächlich auf dem Mittelberg vergraben war.
Die Erdanhaftungen von einem Schwert und einem Beil wurden mit weiteren Proben verglichen. Das Schwert stammt genauso sicher wie die Scheibe vom Mittelberg. Beim Beil ist die Zusammengehörigkeit weniger klar, aber immer noch wahrscheinlich – und es gibt aufgrund der Erdanhaftungen keinen Hinweis, dass das Beil nicht vom Mittelberg stammen könnte.
Um die Funde dem Boden zu entreißen, verwendeten die Raubgräber ein umgearbeitetes Feuerwehrbeil und rohe Gewalt. Durch diese unsachgemäße Bergung wurde die Himmelsscheibe stark beschädigt. Spuren der Beilklinge konnten auch bei den Nachgrabungen im Bereich des Raubgräberlochs nachgewiesen werden. Das Beil wurde von den Ermittlern beschlagnahmt. Der Vergleich zeigt: Größe und Form der Beilklinge stimmen exakt mit den Spuren am Fundort überein.
Zum Hortfund von Nebra gehören neben der Himmelsscheibe noch sieben weitere Objekte:
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Die Himmelsscheibe ist die weltweit älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene. Sie gibt uns Einblick in das Wissen unserer Vorfahren über den Weltenlauf und seine religiöse Deutung am Ende der frühen Bronzezeit.
Die Himmelsscheibe zeigt 30 Sterne, Sichelmond und Vollmond oder Sonne. Zwei Horizontbögen rahmen das Bild an beiden Seiten. Das gebogene und gerillte Goldblech wird als Sonnenschiff gedeutet.
Am linken oberen Rand zeugt die Kerbe von der rohen Gewalt des Feuerwehrbeils, mit dem die Raubgräber die Funde aus dem Boden rissen. Weitere Schäden sind im Bereich des Vollmondes bzw. der Sonne entstanden.
Die Griffe der Schwerter sind als Halbschalengriffe ausgearbeitet: Eine Seite besteht aus Bronze - die andere Seite war aus organischem Material gefertigt wie z.B. Holz oder Geweih, das nicht erhalten ist. Die Form der Griffe zeigt Einflüsse aus dem Südosten, die Klingen folgen hingegen regionalen Vorbildern. Die Schwertgriffe sind mit kostbaren Goldmanschetten verziert.
Die aufwendigen, filigranen Muster an den Schwertgriffen wurden nach dem Guss mit bronzenen Punzen ziseliert.
Beide Schwertklingen waren ursprünglich mit eingelegten Kupferdrähten verziert, die sich optisch kunstvoll von der goldenen Farbe der Bronze abhoben.
Eine der beiden Schwertklingen ist auf der Mittelrippe mit einer wellenförmigen Linie versehen, die in drei Fortsätzen endet. Handelt es sich hier um eine Darstellung einer dreiköpfigen Schlange?
Die Griffe der Schwerter sind als Halbschalengriffe ausgearbeitet: Eine Seite besteht aus Bronze - die andere Seite war aus organischem Material gefertigt wie z.B. Holz oder Geweih, das nicht erhalten ist. Die Form der Griffe zeigt Einflüsse aus dem Südosten, die Klingen folgen hingegen regionalen Vorbildern. Die Schwertgriffe sind mit kostbaren Goldmanschetten verziert.
Die aufwendigen, filigranen Muster an den Schwertgriffen wurden nach dem Guss mit bronzenen Punzen ziseliert.
Beide Schwertklingen waren ursprünglich mit eingelegten Kupferdrähten verziert, die sich optisch kunstvoll von der goldenen Farbe der Bronze abhoben.
Die Beile gehören zur Gruppe der »Randleistenbeile mit leichter Rast« – einer für das Ende der Frühbronzezeit um 1600 v. Chr. typischen Form im unteren Elbe- und Odergebiet. Rast meint hier den leichten Grat in der Mitte des Beiles.
In diesem Bereich waren beide Beile mit einem hölzernen Schaft verbunden, der aber nicht erhalten ist.
Der geringe Zinnanteil (ca. 8%) des Bronzemeißels spricht eher gegen eine Verwendung zur Metallbearbeitung, da das Material dafür zu weich gewesen wäre. Als wahrscheinlicher gilt eine Nutzung zur Bearbeitung von Holz oder eine Funktion als Waffe.
Die Schneide weist deutliche Nutzungsspuren auf. Der Meißel wurde also nachweislich verwendet, bevor man ihn zusammen mit den anderen Objekten im Erdboden deponierte.
Die beiden Armspiralen wurden aus einem schmalen Bronzeblechstreifen gefertigt, der kunstvoll ausgeschmiedet wurde. Durch die unsachgemäße Bergung der Funde sind die Armspiralen in mehrere Teile zerbrochen und mussten von Restauratoren aufwendig wieder zusammengefügt werden.
Armspiralen sind typische Objekte in frühbronzezeitlichen Hortfunden und Gräbern. Sie treten meist paarig auf.
Konzeption:
Robert Noack, Doris Wollenberg, Anja Stadelbacher
Produktion:
Lukas Fischer (3D Construct)
In Kooperation mit Webentwickler:
Maximilian Berger
3D-Scan:
Thomas Bauer (ReplicArt Corpus Construction)
Im Auftrag von:
© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt,
Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale)